EAK Kiel: Friedensethik und Einsätze der Bundeswehr

01.10.2018

Angesichts der Einsätze die die Bundeswehr seit der Vereinigung unseres Vaterlandes leistet, hatte sich der Kieler Evangelische Arbeitskreis vorgenommen, die evangelische Friedensethik näher zu beleuchten. Und wer für die Beantwortung dieser Fragen ein kompetenterer Antwortgeber als Jörn Thießen sein könnte, war für den EAK keine Frage. Der Referent ist Pastor, war als Mitglied des Deutschen Bundestages im Verteidigungsausschuss und ist bei der Führungsakademie der Bundeswehr der Direktor für die Abteilung, die sich u.a. mit den ethischen Problemstellungen des Soldatenberufs befasst. Nur vollständigkeitshalber sei angemerkt, dass Jörn Thießen viele Jahre persönlicher Referent des damaligen Ministerpräsidenten von Schleswig-Holstein, Björn Engholm, war.
Jörn Thießen unterstrich in seinen Eingangsworten, dass der Einsatz der Bundeswehr im Ausland durchaus im Widerspruch zur evangelischen Friedensethik stehen könne. Dieser Widerspruch löse sich aber, da die deutschen Streitkräfte den Auftrag haben, auch durch den Einsatz von Waffen, Bedingungen für die Wiederherstellung des Friedens zu schaffen. Den Frieden in der von den Streitkräften gesicherten Situation zu schaffen, ist Aufgabe der Politik. Diesen Auftrag geben sich die Streitkräfte nicht selbst, sondern sie erhalten ihn als Parlamentsarmee vom Deutschen Bundestag und damit vom deutschen Volk. Somit können die Soldaten und Soldatinnen sicher sein, dass die Einsätze der Bundeswehr legitim sind, weil sie durch ein Mandat des Deutschen Bundestages begründet werden.
Im weiteren Verlauf seines eindrucksvollen Referates erläuterte Jörn Thießen nach welchem Selbstverständnis die Soldaten und Soldatinnen der Bundeswehr ihren Einsatz in der Heimat und im Ausland versehen. Sie stehen gänzlich unter dem Mandat des Grundgesetzes und führen Aufträge nur durch, wenn das Parlament auf dem Boden der Verfassung entsprechende Normen gefasst hat. In mehr als 60 Jahren ihres Bestehens habe die Bundeswehr bewiesen, dass sie einen hohen Respekt vor dem deutschen Volk und seiner Verfassung hat. Zugleich ist den Soldatinnen und Soldaten wichtig, dass sie nicht gegen ihr Gewissen eingesetzt werden können. Thießen ging auch auf die allgemeine Wertedebatte ein und stellte fest, dass es in Deutschland keine Selbstverständlichkeit mehr ist, einer der christlichen Kirchen anzugehören. Die Anzahl der Konfessionslosen stelle auch in den Streitkräften die größte Gruppe. Dennoch lebt und handelt Deutschland in seiner großen Mehrheit, und damit auch seine Streitkräfte, in christlich-jüdischer Tradition.
Leider ist der Friede in den letzten Jahren nicht sicherer geworden, denn neue Arten der Gefährdung haben sich entwickelt. Terroristische Angriffe und Cyberattacken prägen das Bild einer neuen kriegerischen Gefahr. Und weil das so ist, so eine Forderung des ehemaligen Verteidigungspolitikers, muss die Bundeswehr verteidigungsfähiger sein. Der Anteil des Verteidigungshaushaltes am Gesamthaushalt müsse daher deutlich gesteigert werden. Dazu gehöre aber unbedingt eine gesellschaftliche Debatte über die Lasten, die wir bereit sind zur Sicherung der Freiheit zu tragen. Denn auch angesichts der großen Verpflichtungen zum Beispiel bei den Ausgaben für Soziales oder Infrastruktur ist für Thiessen der Wert der Freiheit als Grundstein unseres Staatsgebäudes unverhandelbar.
Dem Vortrag des Gastes aus der Führungsakademie schloss sich eine intensive Diskussion an. Im Bewusstsein, viele neue Einblicke in die Bundeswehr gewonnen zu haben, wurde ein interessanter Abend beendet.

Text Heinz Pries   Bilder Herbert Kulbarsch