Zur dritten Veranstaltung des Jahres 2017 hatte der Vorsitzende des Kieler Evangelischen Arbeitskreises, Heinz Pries, in die Hermann-Ehlers-Akademie eingeladen und die Einladung stieß auf eine positive Resonanz. Referent des Abends war der Europaabgeordnete Reimer Böge (CDU), der sich zu den Christliche Werten als Grundlage der Zusammenarbeit in Europa äußerte.
Zu Beginn seines Referates ging Reimer Böge auf den Ausgang der Bundestagswahl und dem Abschneiden der AfD ein. Er verwies darauf, dass auch in anderen Staaten Europas die nationalen Kräfte an Zulauf gewännen, wie zum Beispiel in Polen, Ungarn und Frankreich. Der Brexit in England und die breite Zustimmung, die Donald Trump in den USA erfahren hat, weisen in eine ähnliche Richtung. Einen interessanten Vergleich zog der Europaabgeordnete, als er auf die Unzufriedenheit und Unruhe in Europa zu sprechen kam. Er sah Parallelen zwischen der Öffnung der Grenzen für Flüchtlinge durch Angela Merkel und dem Kniefall Willi Brandts in Warschau. Beide Ereignisse hätten zu sehr kontroversen Diskussionen geführt.
Im weiteren Verlauf seines Referates ging Reimer Böge auf den vermeintlich fehlenden Gottesbezug in den Lissaboner Verträgen ein und verwies auf eine Passage in dem Vertragswerk, der durchaus Bezug auf die geschichtliche Entwicklung Europas nimmt und auf den Wertekanon, der durch die christlich-jüdische Tradition Europa geprägt ist und das politische Handeln bestimmt. Angesichts der unterschiedlichen Traditionen in den 28 Mitgliedsstaaten konnte ein ausgesprochener Gottesbezug in die Verfassung keinen Eingang finden. Ganz wichtig war dem Abgeordneten, dass das Toleranzgebot in der Europäischen Menschenrechtscharta dokumentiert ist und damit Verfassungsrang hat. Diese Toleranz prägt das Leben aller Europäer.
Unterschiedlich bewertete Böge das Verhalten der politischen Elite der Türkei und die Lebenswirklichkeit vieler Türkinnen und Türken in der Heimat und im Ausland. In der Flüchtlingsfrage sei die Türkei als Nachbarstaat zu den Krisenregionen unbedingt vertragstreu und damit berechtigt, die verabredeten finanziellen Leistungen von Europa zu erhalten. Schon immer sei es Auffassung der CDU gewesen, die Türkei nicht als Vollmitglied in die Gemeinschaft aufzunehmen sondern dem Staat am Bosporus eine privilegierte Partnerschaft anzubieten. Nach dem Putsch im vergangenen Jahr und der Reaktion von Erdogan auf dieses Ereignis käme, so Böge, eine Vollmitgliedschaft noch weniger in Frage. .Abgeordnete machte die Zuhörer aber auch darauf aufmerksam, dass etwa die Hälfte der Türken nicht für die Verfassungsänderung gestimmt hätten. Und für diese starke Gruppe sei es durchaus bedeutsam, dass die Tür nach Europa offen bleibt.
Zum Abschluss seines einstündigen Vortrages ging der Referent auf die Erweiterungsdebatte ein und vertrat die These, dass es im Moment vorrangiger sei, Europa zu stabilisieren als rasch zu erweitern. Die schnelle Aufnahme Bulgariens und Rumäniens zeigen sehr deutlich, dass man mit der Aufnahme neuer Mitglieder so lange warten sollte, bis die Aufnahmeländer alle Aufnahmekriterien nachhaltig erfüllen.
In der lebhaften Aussprache ging es den Fragestellern um den Doppelsitz Brüssel/Straßburg, die Kompatibilität des Islam zum christlichen Europa und um Fragen der Religion und der Ethik. Ein Fragesteller wollte wissen, ob man als Europaabgeordneter mit einer so langen Zugehörig zum Parlament überhaupt noch einen Zugang zur „normalen Welt“ hätte. Böge überzeugte die Zuhörerschaft mit einem Verweis darauf, dass er das Wochenende dafür nutzen werde, um auf seinem eigenen landwirtschaftlichen Hof zu arbeiten.
In seinem Schlusswort legte der Abgeordnete ein eindeutiges Bekenntnis zu den europäischen Grundwerten, nämlich Frieden, Freiheit, Rechtstaatlichkeit, ab.
Text Heinz Pries Bilder Herbert Kulbarsch
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